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Was ist Morbus Crohn?
Morbus Crohn gehört neben Colitis ulcerosa zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und kann den gesamten Magen-Darm-Trakt betreffen. Die Erkrankung verläuft schubweise und es kommt häufig zu extraintestinalen Symptomen wie Gelenkbeschwerden, Hautveränderungen, Augenentzündungen und Anämie. Die Ursachen für Morbus Crohn sind noch nicht genau geklärt, aber eine große Rolle spielen genetische Prädisposition, Umwelt- sowie Immunologische Faktoren und eine gestörte Funktion der Darmschleimhaut.1
Epidemiologie und Prävalenz
Weltweit sind ca. 6-8 Millionen Menschen von CED betroffen und die Anzahl der Erkrankten nimmt stetig zu. In Deutschland leben ungefähr 250.000 Menschen mit der Diagnose Morbus Crohn.1
Diagnostik
Entsprechend der aktuellen S3-Leitlinie der DGVS2 wird die Diagnose von Morbus Crohn durch das klinische Erscheinungsbild, den Verlauf sowie einer Kombination aus endoskopischen, histologischen, bildgebenden und laborchemischen Methoden gestellt.
- Anamnese: Familienanamnese, Medikamenteneinnahme, Raucherstatus, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Impfstatus
- Klinisches Erscheinungsbild: Durchfälle (meist nicht blutig – im Gegensatz zu Colitis ulcerosa), Bauchschmerzen, Gewichtsverlust, Fieber
- Laboruntersuchungen: Entzündungsmarker (CRP, fäkales Calprotectin), Eisenhaushalt, Nierenfunktion
- Endoskopie und Biopsie: Nachweis diskontinuierlicher Entzündungsherde, sowie Ermittlung der Lokalisation und der Schwere des Befalls
- Videokapselendoskopie bei auffälligen Befunden im MRT und Darmsonographie: Nachweis von Fisteln und Stenosen
Therapie
Es ist individuell unterschiedlich, wie die entzündliche Aktivität am besten unter Kontrolle zu bringen ist. Reaktivität, Befallsmuster, Vorhandensein extraintestinaler Manifestationen, Alter, Komorbiditäten, Ernährungszustand und potenzielle Mangelzustände sowie das Ansprechen und potenzielle Nebenwirkungen auf Therapien sind zu berücksichtigen. Auch für die Therapie gibt die S3-Leitlinie der DGVS aktualisierte Empfehlungen.2
Behandlungsziele
- Induktion der Remission
- Langfristige Erhaltung der klinischen Remission
- Lebensqualität der Patient:innen verbessern
Das Wichtigste im Überblick
- Die Therapie von Morbus Crohn ist sehr individuell und stark abhängig vom Krankheitsverlauf
- Ernährung und individualisierte Medizin rücken stärker in den Fokus
- EEN bleibt Standard für Kinder und CDED + PEN gewinnt an Bedeutung bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
- Angepasste Therapien, die während des Verlaufs kontinuierlich evaluiert und angepasst werden, verbessern die Behandlungsoptionen und tragen dazu bei, die Therapieergebnisse zu optimieren.
Die Wahl der Therapie stellt eine große Herausforderung dar und richtet sich nach Schweregrad, der Lokalisation und dem Verlauf. Für die Wahl der Therapie muss zwischen akutem Krankheitsschub und Erhaltung der Remission differenziert werden. In den letzten Jahren setzt man neben der konventionellen medikamentösen Therapie beispielsweise auch auf Biologika wie monoklonale Antikörper und TNF-α-Hemmer. Zusätzlich sollte bei akuten Schüben auch an das symptomatische Schmerzmanagement gedacht werden, wobei Kontraindikationen im Auge zu behalten sind. Folgende Medikamente finden in der Therapie von Morbus Crohn Anwendung 2:
- Budesonid bei Befall der Ileozökalregion sowie des rechten Kolons
- Systemische Steroide nur bei Therapieversagen, initial bei ausgedehntem Dünndarmbefall oder bei sehr hoher Entzündungsaktivität
- Mesalazin verliert auf Grund unzureichender Evidenz an Bedeutung
- Biologika (TNF-α-Hemmer, Integrin-Antagonisten [z.B. Vedolizumab], IL-12/23-Hemmer [z.B. Ustekinumab])
- Januskinase-Inhibitoren (Tofacitinib, Filgotinib) für Patient:innen mit Kontraindikationen gegenüber Biologika
- Thiopurine (Azathioprin, 6-Mercaptopurin) oder Methotrexat vor allem als Erhaltungstherapie
Bei der medikamentösen Therapie können Nebenwirkungen wie gastrointestinale Beschwerden und allergische Reaktionen auftreten, welche die Lebensqualität der Patienten beeinträchtigen können. Es besteht auch das Risiko eines Wirkverlustes bei langfristiger Anwendung von Steroiden und Biologika, was eine Dosiseskalation erforderlich machen kann. Da Steroide das Wachstum beeinflussen, sind sie bei Kindern nicht zur Dauertherapie empfohlen.

Die Ernährung spielt eine wichtige Rolle in der Entstehung und Behandlung von Morbus Crohn. Ein unzureichender Ernährungszustand kann die Krankheitsaktivität negativ beeinflussen. Patienten mit Morbus Crohn weisen ein besonderes Risiko für die Entstehung von Mangelernährung auf. Die mit der Nahrungsaufnahme verbundenen Beschwerden führen oft dazu, dass Betroffene weniger essen. Gleichzeitig kommt es durch Entzündungen im Dünndarm häufig zu einer Malabsorption.3 Eine fachgerechte ernährungsmedizinische Diagnostik und Ernährungstherapie kann den Krankheitsverlauf sowie die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. Alle Patienten mit Morbus Crohn sollten daher eine individuelle Beratung durch eine zertifizierte Ernährungsfachkraft erhalten.3 In der entzündungsfreien Zeit (Remission) sollte den Prinzipien einer gesunden Ernährung gefolgt werden, wobei individuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten und ernährungsbedingte Symptomtrigger berücksichtigt werden müssen. Für die mediterrane Mischkost mit möglichst wenig verarbeiteten Lebensmitteln gibt es Hinweise für einen positiven Effekt auf die Dauer der Remission.3
- Für Patienten im aktiven Schub kann eine Ernährungstherapie allein oder in Kombination mit einer medikamentösen Therapie zur Remissionsinduktion eingesetzt werden.
- EEN (Exklusive enterale Ernährung) als First-Line-Therapie bei Kindern und Jugendlichen.3
- CDED + PEN sollte als Alternative der EEN bei Kindern und Jugendlichen und bei Erwachsenen mit leichtem bis mittelschwerem Morbus Crohn in Betracht gezogen werden.3
- Exklusive Enterale Ernährung für Erwachsene, besonders bei Darmstrikturen oder Stenosen und wenn eine medikamentöse Therapie wegen unerwünschter Wirkungen nicht oder schlecht vertragen wird oder der Patient die medikamentöse Therapie ablehnt.3
Erfahren Sie mehr über die Studie zur Ernährungstherapie
Studie ErnährungstherapieEine chirurgische Intervention ist empfohlen, wenn:
- Lokale Komplikationen wie Fisteln, Stenosen oder Abszesse auftreten
- Medikamente & Ernährung keine Kontrolle bieten
- Hochgradige Dysplasien als Krebsvorstufe nachgewiesen werden
Vor einer geplanten Operation sollte der Ernährungszustand inklusive Mikronährstoffstatus untersucht werden. Diätetische Interventionen einschließlich Ernährungstherapie sollten bei Patienten mit metabolischem Risiko und/oder manifester Mangelernährung durchgeführt werden.3
Von Therapien ohne genügend wissenschaftliche Evidenz, wie beispielsweise Wermut- und Weihrauchpräparate sowie Moxibustion, sollte aufgrund der Sicherheit, der Wirksamkeit und dem wirtschaftlichen Interesse der Patienten abgeraten werden. Die Mikrobiomtherapie sowie der Einsatz von Cannabis-Präparaten sind derzeit Gegenstand von Diskussion und es sind weitere Studien zu einer verlässlichen Aussage notwendig.2

- Rosen MJ, Dhawan A, Saeed SA. Inflammatory Bowel Disease in Children and Adolescents. JAMA Pediatr.2015;169(11):1053–1060.
- Terjung, B. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen - Grundlagen, Neues zur Diagnostik und Therapie. Ernährungsumschau Sonderheft: Ernährungsmedizin und Diätetik 2011 (8): 436-446
- Koletzko S et al. Hygienehypothese: Schlüssel zur Ätiologie und Pathogenese von CED? Monatsschr. Kinderheilkd. 2010. 158: 759–765.
- Verburgt MC et al.Nutritional Therapy Strategies in Pediatric Crohn´s Disease; Nutrients 2021, 13, 212
- Buderus, S et al. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen bei pädiatrischen Patienten - Charakterisierung von neuerkrankten Patienten aus dem Register CEDATA-GPGE. Deutsches Ärzteblatt 2015; 112(8): 121-126.
- Conrad MA et al. Pediatric Inflammatory Bowel Disease. Pediatr Clin N Am 2017;64: 577-591.
Quicklinks